Zum Kongress präsentiert das EHI die neue Studie zum Energiemanagement in Handelsimmobilien. Der Fokus liegt auf Nachhaltigkeit, Wärmeversorgung und Effizienz. Warum haben gerade diese Themen eine hohe Relevanz?
Die drei Themen sind eng miteinander verknüpft und stellen zentrale Stellschrauben dar, wenn es darum geht, Handelsimmobilien zukunftsfähig auszurichten. Nachhaltigkeit ist nicht nur gesellschaftlich gefordert, sondern auch für die Risikominimierung und Wettbewerbsfähigkeit entscheidend. Die Wärmeversorgung macht auch in Handelsimmobilien einen erheblichen Anteil aus und ist daher ein Schlüssel zur Dekarbonisierung des Carbon Footprint. Effizienz wiederum ist das Bindeglied, das Kosten reduziert und Investitionen überhaupt finanzierbar macht.
Welche überraschenden Potenziale deckt die Studie auf?
Im Lebensmittelhandel zum Beispiel wird die Abwärme aus Kühlanlagen vielfach schon zu 100 Prozent genutzt. Andererseits zeigen die Ergebnisse auch, dass es heute noch Handelsketten gibt, in denen Abwärme wenig bis gar nicht genutzt wird. Bei einer individuellen Analyse von Immobilien und Anlagenkonstellationen wäre fast überall zumindest eine teilweise Nutzung der Abwärme wirtschaftlich möglich – etwa zur Raumheizung oder Warmwasserbereitung. In Einzelfällen mag eine vollständige Rückgewinnung unwirtschaftlich erscheinen, aber in aller Regel wird mindestens ein Teil der Abwärme genutzt. Genau dieses differenzierte Bild hilft, Handlungsspielräume für Handel und Immobilienbetreiber zu erkennen und gezielt zu heben.
Der Handel ist derzeit mit zahlreichen Verordnungen und Richtlinien in Bezug auf sein nachhaltiges Wirtschaften konfrontiert. Wie kann er den Überblick behalten und welche Umsetzungen haben derzeit hohe Priorität?
Die Regulierungsdichte hat stark zugenommen – von EU-Taxonomie über Energieeffizienzrichtlinien bis hin zu nationalen Gebäudestandards. Für viele Handelsunternehmen ist die Herausforderung nicht das Ob, sondern das Wie der Umsetzung. Eine klare Priorität liegt derzeit auf der Erfüllung von Berichtspflichten und der Vereinfachung der Organisation der Regulierungsanforderungen durch intelligentes Datenmanagement.
EHI Klima- und Energiekongress 2025: Wege in die Klimaneutralität
Auf dem EHI Klima- und Energiekongress am 25./26.11.2025 in Düsseldorf werden zukunftsweisende klimaschutzrelevante Projekte aus Wirtschaft und Wissenschaft vorgestellt, die dem Handel mögliche Wege in die Klimaneutralität aufzeigen. Ein Schwerpunkt liegt auf Best-Practice- Beispielen aus dem Handel. Die Unternehmen Aldi Süd und Ikea zum Beispiel geben Einblicke in ihre Strategie einer nachhaltigen Transformation von Handelsimmobilien. Ein Highlight am zweiten Veranstaltungstag ist der Start-up- Block mit innovativen Lösungen aus den Bereichen Energie, Kälte und Mobilität.
Worauf kommt es bei der nachhaltigen Transformation von Handelsimmobilien besonders an und mit welchen Herausforderungen werden die Händler hier konfrontiert?
Im Zentrum stehen die ganzheitliche Betrachtung des Gebäudebestands, die Integration erneuerbarer Energien und die flexible Anpassungsfähigkeit an Nutzungsmuster. Besonders wichtig ist, über einzelne Maßnahmen hinauszugehen und langfristige Transformationspläne zu entwickeln. Herausfordernd ist vor allem die heterogene Ausgangslage – vom Neubau über Bestandsobjekte bis hin zu gemieteten Flächen, die im Handel mit mehr als 80 Prozent den größten Anteil ausmachen. Hinzu kommen finanzielle Fragen: Welche Investitionen lohnen sich sofort, wo braucht es Fördermittel und wo trägt Innovation die Rendite erst in einigen Jahren?
Mit Blick auf die Folgen klimatischer Veränderungen: Wie widerstandsfähig ist der Handelsimmobilien-Bestand aktuell? Wo liegen die größten Schutzlücken?
Der Status quo ist sehr unterschiedlich. Einzelne Objekte verfügen bereits über belastbare Anpassungsstrategien, während andere noch kaum vorbereitet sind. Besonders bei Extremwetter – Starkregen, Hitzewellen oder Stürmen – zeigen sich erhebliche Schutzlücken. Ausbaufähige Kühlungskonzepte, mangelhafter Hochwasserschutz oder unzureichende Dach- und Fassadensicherung gehören aktuell zu den größten Schwachstellen. Entscheidend wird sein, Resilienz in die Standardplanung zu integrieren und nicht erst nach Schadensfällen nachzurüsten.
Welche Verantwortung sollte der Handel beim Thema „Mobilitäts- und Energiewende“ übernehmen?
Persönlich sehe ich den Handel in einer Doppelrolle: Einerseits als großer Flächennutzer mit hoher Sichtbarkeit im Alltag, andererseits als Innovationsplattform für Kund:innen. Der Handel sollte Verantwortung dort übernehmen, wo er direkten Einfluss hat – etwa durch Ladeinfrastruktur an Standorten, nachhaltige Lieferkettenlogistik oder den Ausbau energieeffizienter Gebäude. Gleichzeitig braucht es Rahmenbedingungen durch Politik und Investitionen von Energieversorgern, um großflächige Transformationen zu ermöglichen. Andere Akteure wie Netzbetreiber oder Mobilitätsanbieter sind ebenso in der Pflicht.
Das Interview führte Katharina Sieweke.


